Das Jahr 2016 wird uns Winzern als ein Jahr der Extreme in Erinnerung bleiben: Nach einem sehr milden Winter wurde der Vegetationsbeginn durch einen kühlen März und April noch einmal gebremst. Nach dem Austrieb der Reben Ende April kam es zu einem Kaltlufteinbruch. Wir hatten großes Glück, dass unsere Reben im Gegensatz zu anderen Regionen keine Spätfrostschäden davon getragen haben.
Im Mai und Juni lagen die Temperaturen im durchschnittlichen Mittel der Jahre. Die Niederschläge jedoch nahmen zum Teil fast apokalyptische Ausmaße an. Es gab bei uns alleine im Mai mehr als das Doppelte der für die Jahreszeit üblichen Regenmengen.
Die Reben schöpften aus dem Vollen und entwickelten eine enorem Wuchskraft. Gleichzeitig waren aber die Bedingugnen für die Infektion mit dem falschen Mehltau (Peronospora) extrem günstig, und das ausgerechnet in der Zeit um die Rebblüte, in der die jungen Fruchtansätze am Empfindlichsten sind. Mit unseren Möglichkeiten des ökologischen Pflanzenschutzes kamen wir defintiv an unsere Grenzen. Am Ende war es wieder einmal Glück, dass unsere Weinberge im Westhofener Wingertsberg nicht ganz dramatisch befallen wurden. Viele Flächen in der Ebene erlitten große Verluste. Am Ende können wir sagen, mit einem „blauen Auge“ davon gekommen zu sein.
Im Juli kam die Kehrtwende der Witterung, die Sonne zeigte sich öfters und es wurde trocken. Die Temperaturen lagen leicht über der Norm. Mit viel Handarbeit, dem Entfernen kranker Triebe und Trauben sowie der guten Balance im Wachstum entwickelten sich die Weinberge jetzt sehr positiv. Der Spätsommer zeigte sich ab Mitte August von seiner allerbesten Seite, so dass es sogar fast schon zu trocken wurde. Unsere schweren Tonmergelböden hatten aber ausreichend Wasser vom Frühjahr gespeichert. Selbst im September erreichten wir noch mehrmals die 30° Celsius Marke und die Traubenreife schritt gut voran. Ende September begannen wir mit der Lese der Burgundersorten. Wir freuten uns über goldgelbe, reife Weisse Burgunder- und aromatische, gut ausgereifte rote Spätburgunder-Trauben. Die Riesling-Lese verlief in 2016 eher klassisch: mit einer recht frühen Vorlese wurden nochmals weniger reife Trauben ausselektiert. Die Hauptlese erfolgte dann ab Mitte Oktober: wir begannen in Nierstein am 11. Oktober, es folgte die AULERDE am 12. Oktober und das KIRCHSPIEL in den darauffolgenden Tagen. Die Trauben im BRUNNENHÄUSCHEN und MORSTEIN reiften wie so oft einige Tage länger am Stock. Hier begann die Haupternte erst in den letzten Tagen des Oktobers.
Wer hätte im Frühsommer einen am Ende so qualitativ reizvollen Jahrgang erwartet? Reife Traubenfrucht und eine gut balancierte Säure sowie moderate Alkoholwerte sind die typischen Merkmale dieses Jahres: im besten Sinne klassisch. Unsere Jungweine reifen nach 4-8 wöchiger Gärung nun auf der Hefe und die Aussichten sind wirklich erfreulich.
Westhofen im Februar 2017